Mittwoch, 9. November 2011

Fortsetzung: Frühstück mit Zeitung...

Gewidmet Carolin von Wangenheim und ihrer Klasse 9 von der BOjE

[Teil 1 konnte man hier schon lesen.]

"Wat war eigentlich nochma mit den Engelhart. War der nich damals mit seiner Cousine nach Amerika durchgebrannt?" "Nee, dat war die Freundin von der Cousine. Die war doch erst 17!" "Dass ja keen Alter. Und die Eltern?" "Die musstu doch kennen, der Hans und die Elfi." "Ich bin doch aussm Nachbarsdorf. Wart ma - die Elfi Brüggelmann?" "Die Elfi Brüggelmann? Jo Mann, wer denn sonst!" "Ach, die hatt ich ma beim Schützenfest..." Legt die Zeitung zur Seite und schaut, schaut nochmal, besser raus durchs Fenster. "Ach die Elfi, dat hätt ich mir ja denken können. ... Seit ihr jetzt fertich? Kind, helf ma beim apräumen." "Was ist denn nu mit dem Schmierei?" "Fürn Frühstück wars ja wohl oppulent genug." "Kann ich dann raus aufn Hof, Mutt?" "Ja, geh man, Kind." Ab geht die Post. Pfeift da nicht schon der Nachbarsjunge? "Soll ich die Spülmaschine einräumen?" "Nee, räum Du ma die Zeitungen wek, aber alle!" Stapft in den Keller. Kommt wieder, hoch in die Küche. Da rumort es heftig. Auf die Tür in den Hof und auch nach draußen. Es nieselt. Die Kinder weit und breit nicht zu sehen. Auf der Veranda vor der Gartenlaube ist ein trockener Platz. Der Stuhl kippelt an die Rückwand, die Füße baumeln, ein Bossa Nova ... so while this music moonlight... im Jugendzentrum damals. "Dieter, träuma die Spülmaschine aus!" Zurück in der Küche. "Nu spucks schon aus, was war denn mit der Elfi beim Schützenfest." "Mann, gar nix war, die lag da doch nur vollgekotzt im Dreck, da in der Ecke, wo die Männer immer pinkeln gehen, ich dacht noch, die wär besoffen und hab ihr das Gesicht gewischt und sie aus dem Dreck gezogen und dann schien die plötzlich wieder ganz klar, ihre Freundin kam auch und meint, die wär nur ein bischen angedröhnt, weil doch der Vater von zu Hause abgehauen wär. Also besoffen war die nicht. Dann sint die beiden abgezogen. Die Freundin kannt ich nich. Die war wohl ausser Stadt." "Jo, wo des sachst, die iss ja dann auch nich mehr zur Schule gekommen. Alle sachten, die wär in der Stadt in son besetztes Haus." Stille. "Weisstu denn, wie die annen Hans gekommen ist?" Zonga. Knallt die Tür vom Hof ins Haus. "Muttiii, kann ich beim Alfred schlafen heut, die machen ein großes Lagerfeuer und gip mir was zum Grillen mit und den Schlafsack." "Hallo Alfred." Der Nachbarsjunge äugt. "Was meinst Du Dieter? Also komm, was ham wer denn so in Eisschrank, hier 5 Bratwürste und 3 Nackensteaks sollten wohl reichen. Undn Kannten Brot. Dieter, holste ma den Schlafsack. Haste auch Dein Handy? Und ruf heut abend nochma an, dass alles gut iss! Und Bussi. Schüss!" Und haste nicht gesehen wie der Blitz in die Freiheit. "Was gibts denn bei uns zu Mittag?" Es klingelt. Hertha öffnet. "Ach Erna." Die Schwester von Hertha. "Komm rein, komm ich mach uns ma nen schön Kaffee." "Sachma, haste das auch vom Engelhart gelesen?" "Waste nich sachst, jo. Dat war doch von dem Alfred sein Stiefbruder?" "Schon, aber deswegen komm ich ja gar nich, oder doch, schon, wusstest Du, dass der Alfred, dem sein Stiefbruder, dem die Frau ausgespannt hatte?" "Die Freundin von der Cousine?" "Nee, nich die Freundin der Cousine, oder, wen auch immer. Der Engelhart hatte doch son ganz junges Dink. Erst 30. Die hatter aus Amerika mitgebracht. Der war doch da son Plattenheini. Milluionenschwöhr! Und der Alfred sieht doch och viel besser aus und als Möbelfabrikant hat der doch auch schön was auf der Kante und jetzt erpt die Alles!" "Kennst Du die denn?" "Nee, aber man munkelt, deren Vater sei hier aussem Dorf!" "Dat kann doch gar nich sein." "Doch, wenn ich Dir dat doch sach." "Und jetzt erpt die Alles? Und der Alfred?" "Der will die angeblich nu heiraten, aber die wollt nich." "Und nu?" "Tchagott, was weiss ich." Der schöne Kaffee ist längst kalt & ungetrunken. "Die will heut abend in der Scheune beim Hahnerhof ein Konzert geben!" "Da lass uns doch da ma treffen." Und hinaus durch die Tür und zurück das traute Paar, das Kind am Lagerfeuer, also frei. "Komm, wir packen n paar Stullen ein und gehen ein bischen im Wald, Dieter, was meinste?" "Wenn de meinst." Stullen geschmiert, o.k. ein Bier kommt auch mit in den Rucksack und los gehts. Mitten zwischen den schlanken Fichten. "Und mit der Elfi war gar nie was?" "Nie doch, Schatz." "Riecht das hier nicht nach Rauch?" "Nee, ich riech nix." "Doch, schau ma, da iss doch Rauch. Da. Da, wo der Hahnerhof sein müsst!" "Tatsächlich, lass uns ma schnell hin. Hastus Handy dabei?" "Ochgott. Ich habs in der Handtasche gelassen." Wie weit macht es noch sein. Quer durch den Wald. Der hakelt und stellt Bein. Keuchend vor den Flammen. Da hat doch das Lagerfeuer den ganzen Schuppen!? Wo ist denn das Kind? "Henryyy! Henryyy!" Gottlob. Da ist er ja! "Henry, was habt ihr denn da bloß gemacht?" "Nix, gar nix haben wir gemacht. Da iss diese Frau gekommen und hat gesacht, sie wollt ihre Vergangenheit und bräucht zwei Kienscheidt dazu. Damit isse dann und eben streicht der Qualm auf." "Wo bleibt dann nur die Feuerwehr!" "Ob da noch jemand drin ist, warum steht ihr denn alle nur so?!" "Ach Hertha! Was willste denn machen, es brennt doch alles lichterloh!" Hölle & Feuer. "Du Dieter, wem gehört eigentlich der Hahnerhof; niemand im Ort weiß, wem der Hof eigentlich gehört, immer nur gemietet heisst es?" "Dem Alfred sein unehelich Kind hab ichs ma notariell übertragen müssen. Quasi sonne Weltausstellung, wo der ma war. Mensch in Amerika! Henry, Hertha: nix wie weg!" "Dat hat mir doch glatt auf der Bluse gekokelt... Kauf mir morgen bloß die Zeitung! L.Macher

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